Nicole Westig

Rede in der Theodor-Heuss-Akademie: Das Schicksal in der eigenen Hand

 

Auf dem Neujahrsempfang der Theodor-Heuss-Akademie in Gummersbach hielt Nicole Westig die Festrede mit dem Titel: „Das Schicksal in der eigenen Hand – Perspektiven für eine liberale Gesellschaftspolitik“. Hier finden Sie die Rede in voller Länge. 

„Das Schicksal in der eigenen Hand – Perspektiven für eine liberale Gesellschaftspolitik“

Sehr geehrte Damen und Herren,

endlich wieder! Endlich wieder ein Neujahrsempfang in unserer Akademie, wie wir ihn kennen und wie wir ihn die letzten drei Jahre so schmerzlich vermisst haben.

Wenn ich heute hier zu Ihnen sprechen darf, so ist das für mich persönlich ein ganz besonderer MomentDenn wie viele andere Freie Demokraten und Junge Liberale erinnere ich mich natürlich an unzählige Stunden, die wir hier verbracht haben. Wir waren hier, um nicht nur etwas über die Grundlagen des Liberalismus zu lernen, sondern auch, um diesen in seiner organisierten Form voranzubringen. Das alles wurde stets garniert mit vorzüglicher Verköstigung und feucht-fröhlichen Stunden in der Wacholderstube, pardon, ich meine natürlich den Heuss-Club.

Ich verbinde aber noch etwas mehr mit diesen heiligen Hallen, erst recht, wenn ich heute zum Thema „Das Schicksal in der eigenen Hand“ spreche: Denn hier begann im September 1988 mein erster Studentenjob als Seminarassistentin. Er war damals für mich die Grundlage, mein Schicksal in die Hand zu nehmen. Denn der Nebenjob gab mir ein Stück Unabhängigkeit. Und genau darum soll es ja heute gehen: Wie machen wir den einzelnen Menschen stark und unabhängig, damit er oder sie sich bestmöglich entfalten kann? Welche liberale Vision kann es im noch frischen Jahr 2023 dafür geben?

Von diesem Jahr erhoffen wir uns alle, dass es ein besseres werden möge. Die Pandemie ist beherrschbar geworden und als freiheitsliebende Menschen freuen wir uns, die Corona-Maßnahmen und Einschränkungen nun endlich ad acta oder besser gesagt, in die Eigenverantwortung des Einzelnen legen zu können. Das ist mehr als nur „Maske weg im Zug“, nein, es bedeutet eben auch endlich wieder Zusammenkommen im Hier und Jetzt.

Zweifelnd blicken wir zurück auf diese seltsame Zeit und fragen uns, ob wir die richtigen Entscheidungen getroffen haben. Schulschließungen, Betretungsverbote von Pflegeheimen, Debatten über eine Impfpflicht – das alles wirkt aus heutiger Sicht doch ziemlich reflexhaft. Vielleicht wäre an der einen oder anderen Stelle etwas mehr Gelassenheit besser gewesen…Doch woher hätten wir das wissen sollen?

Zu Beginn des vorigen Jahres hatten wir den Wunsch, dass alles gut wird und Frieden herrscht. Doch diese Hoffnung erfüllte sich nicht. Im Gegenteil: Ende Februar zeigte uns Putin mit seinem brutalen Angriffskrieg auf die Ukraine die grausame Realität von Krieg vor unserer Haustür. Zum ersten Mal ist damit die Generation unserer Kinder mit einem Krieg mitten in Europa konfrontiert.

Was das bei einem meiner jüngsten Fraktionskollegen auslöste, beschreibt die Journalistin Livia Gerster in ihrem jüngst erschienenen Buch über „Die Neuen“ im Deutschen Bundestag:

„Erschüttert, geschockt, bestürzt. Diese oder ähnliche Worte wählen alle die jungen Abgeordneten, die mit mir über den 24. Februar 2022 sprechen. Nur einer erzählt freimütig – und ohne das ich danach gefragt hätte -, dass er geweint habe an jenem Kriegsmorgen.

Das ist keiner von den grünen Sensibelchen und keiner der woken Jusos. Es ist Max Mordhorst, der lauteste Krawall-Juli im Bundestag. Ein junger FDP-Mann im Anzug mit breiter Brust und großer Klappe und einem Twitter-Account, der alle Linken zur Weißglut bringt.“
(Zitat Ende)

Mein Kollege Max Mordhorst sagt im weiteren Verlauf:

„Man kommt in den Bundestag und denkt, man hätte Macht. […] Und dann fühlt man sich erstmal völlig ohnmächtig.“
(Zitat Ende)

Diese Ohnmachtsgefühle teilen wir wohl alle bei Ausbruch des Krieges. Mit dem Ausrufen der „Zeitenwende“ hat die Politik dann schnell reagiert, Europa steht zusammen. Aber verstehen werden wir diesen Krieg wohl nie.

Doch sowohl die Pandemie als auch der schreckliche Krieg, furchtbare Ereignisse bringen immer auch die gute Seite des Menschen zutage: in diesen Fällen war es eine unermessliche Solidarität. Menschen öffnen Fremden ihre Türen und nehmen Geflüchtete bei sich auf. Angesichts der Pandemie gibt es überall vor Ort großartige Unterstützungsaktionen von Corona-Einkaufshilfen bis hin zu freiwilligem Einsatz bei Impfaktionen. Ohne dieses freiwillige Engagement so vieler Menschen könnten wir Herausforderungen wie Pandemie und Flüchtlingsbewegungen nicht bewältigen.

Ich bin immer wieder beeindruckt, wenn ich mit dem vielfältigen ganz persönlichen Engagement Einzelner konfrontiert werde. Wenn ich als FDP-Kreisvorsitzende langjährige Mitglieder ehre und mich mit ihren Lebensläufen beschäftige, stelle ich fest: Die Jubilare waren nicht nur über viele Jahre, oft Jahrzehnte, politisch für die Freien Demokraten aktiv. Nein, sie engagierten sich zudem in Vereinen, bei Städtepartnerschaften, für die Brauchtumspflege, bei Feuerwehr und Rettungsdienst oder gerade auch im sozialen Bereich. Einige hatten Pflegekinder aufgenommen, andere Geflüchtete.

Gleiches gilt für ganz junge Menschen. Ihr Engagement hat sich vielleicht über die Jahre verändert, es ist individueller geworden zur gezielten Hilfe anderer, so dass oftmals das kollektive Engagement in Vereinen in den Hintergrund tritt. Die generelle Bereitschaft, etwas für die Gesellschaft zu leisten und sich einzubringen, die ist nach wie vor sehr ausgeprägt. Diese Bereitschaft, sich für andere einzusetzen, ist ein großer Schatz und ein Potential, das wir heben müssen. Denn genau das weist uns den Weg, um die künftigen Herausforderungen zu meistern. Es ist zutiefst liberal, Verantwortung füreinander zu übernehmen.

Und: Wer sein Schicksal in die eigene Hand nimmt, der hat noch eine Hand frei. Eine Hand, die man ausstrecken kann, um anderen zu helfen. Deshalb sollte es das vordringlichste Ziel von Freien Demokraten sein, Menschen stark zu machen, damit sie für sich selbst, aber auch für andere sorgen können. Sorgen wir dafür, dass ehrenamtlicher Einsatz nicht in überbordender Bürokratie erstickt!

In meiner Zeit als Kreistagsabgeordnete hatte ich zahlreiche Anfragen von Flüchtlingshelfern. Sie verzweifelten an der Bürokratie, zum Beispiel des Jobcenters. Ich war Mitglied der Trägerversammlung und konnte bei manchen Amtshandlungen helfen. Aber das genügt nicht. Wir müssen nicht nur Gänge glätten, sondern ganze Räume entrümpeln. Schaffen wir Rahmenbedingungen, damit Ehrenamt gedeihen kann. Damit die Menschen sich mit Freude an der Sache für etwas einsetzen können und nicht an Vorschriften verzweifeln.

Und, meine Damen und Herren, erteilen wir den immer wieder laut werdenden Forderungen nach einer allgemeinen Dienstpflicht eine Absage.

Halten wir es mit Friedrich Schiller, wenn er sagt:
„Gerne dien ich den Freunden, doch tu ich es leider mit Neigung, Und so wurmt es mir oft, daß ich nicht tugendhaft bin.“
(Zitat Ende)

Es ist aber nicht verwerflich, aus Neigung etwas zu tun, sondern die Neigung ist eine gute Voraussetzung dafür, dass das Tun gelingt. Schaffen wir als Politik folglich lieber die Strukturen, damit Ehrenamt gelingen kann. Und sorgen wir für die nötige Ansprache der Menschen, damit sie sich gern – aus Neigung – engagieren!

Der demografische Wandel stellt uns vor riesige Herausforderungen. Die alternde Gesellschaft erfordert baldiges Handeln. Wir spüren bereits jetzt den deutlichen Fachkräftemangel. Nicht nur auf Handwerker, sondern auch beim Brötchen kaufen müssen wir länger als früher warten. Unsere Schwimmbäder sind nicht nur wegen des Investitionsbedarfs eingeschränkt, sondern auch deshalb, weil die Schwimmmeister fehlen. Lehrerinnen und Lehrer sollen mehr arbeiten, hörte man unlängst. Und ja, in meinem Fachbereich, der Pflege sind die Mitarbeitenden seit langem am Limit. Was wird eigentlich erst, wenn die Babyboomer in Rente gehen? Und wie können wir den Fachkräftemangel beheben?

Mit dem Gesundheitsausschuss war ich neulich auf einer Delegationsreise in Finnland. Wir haben uns im Koalitionsvertrag auf die Etablierung der Community Health Nurse verständigt. Das ist eine Art Gemeindeschwester, eine hochqualifizierte, akademisierte Pflegekraft, die auch ärztliche Tätigkeiten ausführt und so gerade im ländlichen Raum einen wertvollen Beitrag zur Gesundheitsversorgung leisten kann. Das System der Community Health Nurse wollten wir in Finnland kennenlernen. Doch unsere Erkenntnisse bei dieser Reise gingen weit darüber hinaus.

Prävention und Gesundheitsförderung werden bei den Finnen groß geschrieben. Das gilt bereits für den werdenden Menschen und ebenso für die mentale Gesundheit, für die es niedrigschwellige Anlaufstellen gibt. Jede Schule hat neben der Public Nurse, eine Schulsozialarbeiterin und eine Schulpsychologin. Jedes Unternehmen verfügt über eine betriebliche Gesundheitsförderung. Welches Ziel sie damit verfolgen, darüber sprechen die Finnen ganz offen: Man habe solch einen extremen demografischen Wandel, dass man alles dafür täte, damit Menschen so lange wie möglich arbeiten könnten und so spät wie möglich pflegebedürftig würden. Das ist Empowerment à la Suomi, den Einzelnen bestmöglich so zu stärken, dass es der gesamten Gesellschaft nutzt. Und auch wir brauchen vor dem Hintergrund der alternden Gesellschaft jeden Menschen und sollten auf mehr Prävention und Gesundheitsförderung setzen. Es ist wichtig, dass ihn Menschen lange mit Freude einer Arbeit nachgehen können. Es gilt, Pflegebedürftigkeit hinauszuzögern, denn wir können jetzt schon nicht alle Menschen mit Pflegebedarf professionell betreuen.

Selbstbestimmt in allen Lebenslagen. Das ist unser liberales Credo! Und das muss eben auch für Menschen mit Unterstützungsbedarf gelten. Sie sollten so lange wie möglich in ihrer gewohnten Umgebung bleiben können. Wenn dies in der eigenen Wohnung nicht mehr möglich ist, dann benötigen wir kreative Ideen und innovative Wohnformen, wie wir es im Koalitionsvertrag festgeschrieben haben. Die Kommunen wissen am besten, wie sie ihre Quartiere entwickeln und Strukturen für ein selbstbestimmtes Altern in Würde schaffen. Deshalb wollen wir als Ampel, die Kommunen dafür stärken. Und dabei sollte die Zivilgesellschaft einbezogen werden, indem man die Brücke zum Ehrenamt schlägt.

Ich sehe Uwe Ufer im Publikum und spreche deshalb gern eine Erfahrung an, die ich in meiner beruflichen Tätigkeit für die Diakonie Michaelshoven gemacht habe. Dort habe ich sehr eng mit dem Ehrenamtskoordinator zusammengearbeitet. Dieser hatte in einzelnen Kölner Veedeln die „Helfenden Hände“ aufgebaut. Das sind Nachbarschaftsnetzwerke, die sich um Menschen kümmern, die noch zuhause leben, aber einen gewissen Unterstützungsbedarf haben. Zum Beispiel kümmern sie sich um den Senior, der nicht mehr in der Lage ist, auf eine Leiter zu steigen, um eine Glühbirne auszuwechseln. Angefordert über eine Hotline kommt jemand vorbei, um die Glühbirne zu wechseln.

Was aber vielleicht noch viel wichtiger ist, ist die Tasse Kaffee, die er mit dem Senior trinkt und die Zeit, die er ihm schenkt. Denn das hilft gegen EinsamkeitUnd wir wissen alle: Wer einsam ist, wird schneller krank und schneller pflegebedürftig. Wir haben mehr und mehr Single-Haushalte und deshalb wird die Einsamkeit und ihre Bekämpfung auch eine besondere Herausforderung der Zukunft sein. In der Ampelregierung haben wir das im Blick. Marco Buschmann macht sich als Justizminister für das Rechtsinstitut der Verantwortungsgemeinschaft stark. So können sich Menschen jenseits von Liebe und Ehe verbinden, weil sie vielleicht im Alter füreinander sorgen oder einfach nur nicht allein sein möchten. Die Freien Demokraten haben ALLE Menschen und ALLE Generationen im Blick. Wir setzen uns ein für den Schulterschluss zwischen den Generationen.

Denn die Frage, was mit den Älteren geschieht, sie interessiert auch die Jüngeren. Nicht alle haben Kinder, aber alle haben Eltern. Und die Lebensumstände der Eltern, das interessiert eben auch die Jungen, das interessiert diejenigen, die unseren Wohlstand künftig erwirtschaften sollen. Gleichzeitig ist auch den Eltern nicht egal, wie es den Kindern geht. Was braucht die junge Generation, um ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen zu können? Entfaltungsmöglichkeiten, möchte ich sagen. Ausreichend natürliche Ressourcen, eine intakte Umwelt. Und gleichzeitig ausreichend finanzielle Ressourcen, das heißt eine Handlungsfähigkeit, die nicht durch Staatsverschuldung eingeschränkt wird.

Mit anderen Worten: Wir, die Freien Demokraten, wollen GenerationengerechtigkeitUnd ich kann Ihnen versichern: Wir sind die einzige Fraktion im Deutschen Bundestag, die die Frage nach Generationengerechtigkeit in dieser Konsequenz angeht. Gerade auch dann, wenn es besonders schwerfällt und der Druck von allen Seite noch größer wird.

Wir wissen um die Probleme unserer sozialen Sicherungssysteme und versuchen nicht, diese mit faulen Kompromissen wie der Forderung nach einer Bürgerversicherung zu verschleiern. Wieder einmal dient uns Skandinavien als gutes Beispiel: von den Schweden haben wir uns die Aktienrente abgeschaut. Mehr noch: Wir haben es sogar geschafft, Hubertus Heil und die SPD für diese Idee zu begeistern und gehen mit der Generationenrente gerade den ersten Schritt in diese Richtung. 

Weitere müssen folgen, das ist klar.

Und etwas Ähnliches haben wir auch mit der Pflegeversicherung vor. Als diese Anfang der neunziger Jahre beschlossen wurde, - die Kollegin Ina Albowitz wird sich gut erinnern – da haben wir das als FDP sehr kritisch gesehen. Nicht etwa deshalb, weil wir nichts gegen die Pflegekosten tun wollten. Nein, wir fanden es nur ziemlich verantwortungslos, angesichts der absehbaren demografischen Entwicklung erneut ein soziales Sicherungssystem nach dem Umlageverfahren einzuführen. Die FDP hat bis zuletzt für eine Pflegeversicherung nach dem Kapitaldeckungssystem gekämpft, konnte sich damit jedoch nicht durchsetzen.

Nun, seit Beginn der 20er Jahre sind unsere Befürchtungen leider Realität geworden. Die Pflegeversicherung ist defizitär, Rufe nach noch mehr Steuerzuschüssen werden lauter. Das kann jedoch nicht die Lösung sein. Für eine generationengerechte Finanzierung der Pflege brauchen wir mehr kapitalgedeckte Elemente und nicht noch mehr Steuern. Wir müssen dahin kommen, dass nicht mehr eine Generation die andere finanziert, sondern – wie es das Gutachten vom wissenschaftlichen Beirat beim Bundeswirtschaftsminister fordert – die Finanzierung innerhalb einer Kohorte erfolgt. Und es gibt inzwischen immer mehr junge Leute, die nicht nur mehr Nachhaltigkeit beim Klimaschutz, sondern auch bei den Staatsfinanzen einfordern. Zum Beispiel Luise Roither. Sie ist Botschafterin der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen und sagt:

„Obwohl also die junge Generation weniger raucht, mehr Sport treibt und zunehmend gesünder und nachhaltiger lebt, erwartet sie ein massiver Anstieg der Sozialabgaben und ein Kollaps der sozialen Sicherungssysteme. Sie kann erstmals auf den Generationenvertrag nicht mehr vertrauen, der eine gewisse Basis für unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt ist.

Gleichzeitig ist das die Generation, die auch den Fachkräftemangel stemmen muss. Also, viel Arbeit, später Renteneintritt und die Hälfte des Gehalts geht für Sozialabgaben drauf und trotzdem werden die Renten- und Pflegekassen und auch weitere Töpfe am Limit sein.“
(Zitat Ende)

Das ist ein düsteres Bild, das Luise Roither hier zeichnet und uns ist allen klar, wie schwierig es vor diesem Hintergrund für einen jungen Menschen ist, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Hier ist der Staat gefordert, um diese Fesseln zu lösen. Damit junge Menschen sich weiterhin entfalten können, fordert die Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen:

  • Generationengerechtigkeit ins Grundgesetz aufzunehmen
  • Minister für Generationengerechtigkeit zu bestellen, wie das bereits einige Länder tun. Diese prüfen alle Gesetzesvorhaben auf ihre Nachhaltigkeit.
  • Auch eine Verlängerung der Legislaturperiode auf fünf Jahre und eine Amtszeitbegrenzung von Abgeordneten bringt sie ins Spiel
     

Ich denke, das sind diskussionswürdige Vorschläge. Sie können dazu beitragen, dem Grundsatz der Jungen Liberalen und auch der FDP zu folgen, dass Politik für Generationen und nicht für Legislaturperioden gemacht werden soll.

Die Frage ist aber auch, wie sich ALLE Menschen innerhalb einer Generation bestmöglich verwirklichen können? Und dabei geht es mir um die Teilhabe von Frauen in Politik und Gesellschaft. Gerade als Mutter einer 20jährigen Tochter ist mir dies besonders wichtig. Noch immer verdienen Frauen nicht ebenso viel wie Männer, der sogenannte Gender Pay Gap ist noch nicht geschlossen. Noch immer sind Frauen in den Führungsetagen und höchsten Gremien nicht ausreichend repräsentiert„Frauenfragen sind Menschheitsfragen“, stellte die große Liberale Marie-Elisabeth Lüders 1953 – vor 70 Jahren – fest. In Zeiten des Fachkräftemangels und angesichts des demografischen Wandels wird die Frauenfrage zur Antwort: Denn ohne Frauen ist kein Staat zu machen.

„Gute Politik braucht mutige Frauen“ – diese Lösung hat sich die Friedrich-Naumann-Stiftung für ihr Empowerment-Programm gegeben. Dieses Programm will Frauen gezielt für die Übernahme von Ämtern in Politik und Gesellschaft stärken. Ich freue mich, seit einiger Zeit dieses Programm und damit liberal gesinnte Frauen als Mentorin unterstützen zu dürfen. Und ich freue mich noch mehr darüber, wenn ich sehe, wie selbstbewusst und professionell sich die Teilnehmerinnen des Empowerment-Programms dann als Kandidatinnen für Listenplätze oder Ämter präsentieren.

Ich bin sehr zuversichtlich, dass nicht die starre Quote, sondern derartiges Empowern der richtige Weg ist, damit auch unsere liberale Partei weiblicher wird.Und es ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie die Arbeit der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit Wirkung zeigt.

Für die gute Arbeit der FNF an diesem Standort, der THA, steht seit zehn Jahren Klaus Füßmann. Und dieser Neujahrsempfang heute stellt auch eine Zäsur dar, deshalb gestatten Sie mir zum Abschluss ein paar persönliche Worte:

Lieber Klaus,  

zum letzten Mal bist du heute beim Neujahrsempfang „in charge“ als Leiter dieser wunderbaren Akademie. Zehn Jahre Akademie-Leitung ist deine letzte Etappe hier im Haus gewesen, deine Verbindung geht aber viel länger. Du warst Mitarbeiter hier im Haus, im Sachgebiet Liberalismus, wie das so schön hieß und hast auch das Landesbüro Nordrhein-Westfalen geleitet, eine Tätigkeit, die du vor ein paar Monaten auch noch einmal zusätzlich übernommen hast. 2017 hast du zum 50-jährigen deine Vorgänger auf die Bühne geholt und damit die verschiedenen Charaktere, die dieses Haus geprägt haben. Gerhard Söltenfuß und Karl-Heinz Hense, um nur zwei zu nennen.

Du hast in gleicher Weise wie diese eine Ära in diesem Haus geprägt, lieber Klaus, auf deine Weise. Du warst nah dran an der Zielgruppe, kanntest sehr viele der Teilnehmerinnen und Teilnehmer persönlich und hast auch manches Seminar selbst geleitet, gerade für neue Mitglieder, das lag dir am Herzen. Insider wissen auch um deine Liebe zur Filmkunst, du bist ein Cineast, wie er im Buche steht und wenn es eine Gelegenheit gab, Fragen der Freiheit und Fragen des Films zu verknüpfen, dann hast du sie gerne genutzt. Du hast hier einerseits für den intellektuellen Geist gesorgt, für inhaltliche Impulse, für ‚food for thought‘ und andererseits auch für die schlichte Gastfreundschaft, fühltest dich verantwortlich für alles vom Frühstücksei bis zum letzten freundlichen Kölsch am Abend.

Du stammst aus dem westfälischen Ruhrgebiet, aus Herne. Dort zum Liberalen zu werden, setzt tiefe Überzeugung voraus. Freundliche Zustimmung der Nachbarn wird einem dort nicht geschenkt. Du hast im Ehrenamt mehrfach den Bundestagswahlkreis Herne besetzt und auch in aussichtsloser Position aktiv Flagge für die Freiheit gezeigt. Das hat dir einen besonderen Ehrentitel eingebracht. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hat dich vor einigen Jahren als „Helden der Demokratie“ bezeichnet, weil diese ehrenamtliche Arbeit ohne Aussicht auf ein Mandat Grundlage einer jeden demokratischen Wahl ist. Auch ich empfinde das so. Mein Mandat im Deutschen Bundestag habe ich vielen zu verdanken, nicht zuletzt auch Helden wie dir, die in ihrer Freizeit durch den Wahlkreis tingeln, ohne selbst Abgeordneter zu werden.

Du bist ein Held der Demokratie.

Du warst ein Held der Improvisation, als die pandemische Lage auch dieses Haus in seinen Grundfesten erschüttert hat.

Du bist ein Held des Ehrenamtes, über das ich vorhin viel gesagt habe. Hier in der Akademie werden ganz überwiegend Ehrenamtliche qualifiziert und vor allem auch motiviert.

Du bist und bleibst ein Held der Freiheit, weil du hier unserer Akademie deinen unverwechselbaren Stempel aufgedrückt hast. Vieles hast du hier erlebt, ein früherer Zivi der Akademie ist heute Parteivorsitzender, ein früherer Referent war bis vor kurzem stv. Ministerpräsident. Hier gilt der alte Grundsatz: „Sei nett zu deinem Azubi, er könnte morgen dein Chef sein.“

Lieber Klaus, stellvertretend für die ganze liberale Familie danke ich dir für deinen Einsatz und deine bleibende Leistung!

Meine Damen und Herren,
wenn wir gleich zusammen anstoßen, dann nicht nur auf das neue Jahr, sondern vor allem auf Klaus Füßmann!

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.